„Love is not the answer“ – Sophie Hunger live – Alte Oper, Frankfurt, 16.5.15

Bild: Love Is The Answer by Elisa Reznicek
In ihrem Song „Supermoon“ singt Sophie Hunger: „When I look at you I see the world“. Der Titeltrack ihres aktuellen Albums ist der Opener in der Alten Oper Frankfurt – und könnte genauso gut umgetextet werden, wie sich schnell herausstellt. Bezogen auf die Musik der Schweizerin wäre „When I listen to you I hear the world“ nämlich um ein Vielfaches treffender.

Diese Welt, die Sophie Hunger mit ihrer Kunst eröffnet, ist so reizvoll, farbenreich, unberechenbar und atemberaubend, dass jeder Versuch sie zu beschreiben irgendwie plump und unbeholfen wirkt. Auch die Frage nach einer stilistischen Schublade, in die man Hunger stecken könnte (die leider viel zu häufig und vehement gestellt wird), verbietet sich eigentlich von selbst. Einmal sagte sie in einem Interview, sie mache Popmusik schließlich sei alles, was nicht Klassik ist, nicht Jazz und nicht Volksmusik eben Pop. Ist das so? Ihr Auftritt beim Abschlusskonzert des „Women of the World“-Festivals in Frankfurt wird darauf keine Antwort geben.

Sophie Hunger live in der Alten Oper Frankfurt, 16.5.2015

Auch das entspricht Sophie Hunger, die in der Dokumentation „The Rules of Fire“ kurzerhand angibt, ihre Musik und ihre Texte wollten gar nichts erklären, und die in Frankfurt  schon einmal lachend Sätze wie „Er ist der Unter-dem-Teppich-Geschmack über den Wolken“ von sich gibt oder bei der Bandvorstellung nach einigen verbalen Twists überrascht feststellt: „Eigentlich wollte ich gar nichts über die Ehe sagen. Aber dann fange ich an und es schlägt plötzlich eine ganz andere Richtung ein.“ Wenn eines vorhersehbar ist, dann doch das: Hier ist absolut nichts vorhersehbar.

Ungewöhnliches Setting, ungewöhnliches Set

Im ungewöhnlichen Setting der Alten Oper spielt Sophie Hunger natürlich ein ungewöhnliches Set. Und das nicht nur, weil sich sogar eine Nummer wie „Spaghetti mit Spinat“ ins Set verirrt oder auch das alte, akustische „Spiegelbild“ auf Schwyzerdütsch. „In einem Haus wie diesem muss man viele akustische Sachen spielen, denn dafür ist es ja schließlich gemacht“, meint sie. Und tatsächlich: ruhige, introvertierte Nummern wie „Walzer für Niemand“ (nur mit Gesang, Flügelhorn, Klavier und Glockenspiel), das fokussierte „Le vent nous portera“ oder die Ballade „Die ganze Welt“ finden in der bestuhlten Alten Oper begeisterte Hörer.

Viele Titel (nicht nur) aus dem neuen Album, darunter Gitarren-Rock à la „Love is not the Answer“ und das wunderbar überdrehte, edgy „Superman Woman“, zeigen jedoch noch eine andere Seite. Hier ist mehr tatsächlich mehr. Die Musik ist raumgreifend, entfesselt und geht nach vorn. Die Band groovt mit ihrer Chefin um die Wette. Pianist Alexis Anérilles, Schlagzeuger Alberto Malo, Bassist Simon Gerber und allen voran Gitarrist Geoffry Burton potenzieren die Energie, deren Quelle Sophie Hunger über zwei Stunden lang ist. Und auch bei den extrovertierten Songs fügt sich alles wie von Zauberhand.

Sophie Hunger und Band begeistern

Sophie Hunger hüpft also einen Abend mühelos zwischen Indie, Pop, Rock, Chanson, Folk und mehr hin und her, ohne sich einem Genre gegenüber anzubiedern. Oder wie es ein Kollege von der Frankfurter Neuen Presse umschreibt: „Das ist das Besondere der Songs von Sophie Hunger: Es gibt immer neue Wege, immer neue Ausfahrten, keine Klischees, keine ausgetretenen Pfade“. Das Publikum indes sitzt da und staunt – mehrheitlich regungslos und fasziniert – über diese ungewöhnliche, kantige, mutige, durchgeknallte Frau aus der Schweiz mit ihrer hammer Stimme und dem packenden Gitarrenspiel (und irgendwie auch das Leben an sich, wie es scheint).

Erst am Ende des Konzerts gibt es schließlich auch im Zuschauerraum kein Halten mehr. Standing Ovations! Zugaben, immer mehr Zugaben werden eingefordert. Keine Frage: Das Warten auf den um ein Jahr verschobenen Gig von Sophie Hunger hat sich absolut gelohnt!

Hier kommt der namensgebende Titel zum Artikel
Sophie Hunger – „Love is not the answer“

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Sophie Hunger – „Supermoon“ (Limited Deluxe Edition) kann man übrigens bei Amazon kaufen oder im kleinen Plattenladen um die Ecke. Jeder, wie er mag!


Text & Foto: Elisa Reznicek, lebelieberlauter.de 2015